Das AUS für den Teilverkauf
TEIL 2
In Teil 2 erkläre ich in verständlichen Worten, warum der Teilverkauf juristisch kippt, welche Folgen das für Verbraucher, Notare, Vermittler und Anbieter hat – und warum ein Verbot durch die BaFin nur noch eine Frage der Zeit ist.
Falls Sie zuerst verstehen möchten, warum Teilverkauf so riskant ist, lesen Sie gern:
Teil 1 – Teilverkauf – Erfahrungen & Risiken
Eine umfassende Untersuchung von Prof. Dr. Markus Artz (Uni Bielefeld) und Prof. Dr. Beate Gsell (LMU & Richterin am OLG München) erschien am 25. November 2024 in der Neuen Juristischen Wochenzeitschrift. Titel:
„Die rechtliche Einordnung des Teilverkaufs von Wohnimmobilien im Kontext des Immobiliar‑Verbraucher-Darlehensrechts“
Das vollständige Rechtsgutachten stellen wir Ihnen hier zum kostenlosen Dowload bereit
Kurzvorstellung der Gutachter:
Wer hat die Untersuchung durchgeführt?
Prof. Dr. Markus Artz
Hintergrund:
Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, deutsches & europäisches Verbraucherrecht an der Universität Bielefeld; Direktor des Instituts für deutsches und europäisches Verbraucherrecht. Publiziert seit Jahren zu Kredit‑ und Immobilienthemen
Relevanz fürs Gutachten:
Fokussiert auf Verbraucherschutz im Zivilrecht – analysiert, ob Teilverkauf die Pflichten aus dem Darlehensrecht auslöst.
Prof. Dr. Beate Gsell
Hintergrund:
Lehrstuhlinhaberin für Bürgerliches Recht an der LMU München und seit 2023 Richterin am Oberlandesgericht München. Schwerpunkte: Zivilverfahrensrecht, Verbandsklagen, EU‑Privatrecht.
Relevanz fürs Gutachten:
Bringt verfahrensrechtliche Expertise ein; ihre doppelte Rolle als Hochschulprofessorin und OLG‑Richterin verleiht dem Gutachten besonderes Gewicht.
Bereits in der Juli-Ausgabe 2024 des Fachmagazins IMMOBILIENPROFI habe ich als erste Publikation in Deutschland eine fundierte Einordnung dieses — damals noch unveröffentlichten — Gutachtens geliefert. Einmal mehr waren wir der Branche mehrere Monate voraus.
Der Befund ist glasklar: Teilverkauf ist wirtschaftlich und rechtlich ein Immobiliar‑Verbraucherdarlehen – also ein Kredit und kein echter Immobilienverkauf.
Im Detail:
1.
Auszahlung heute = Kreditaufnahme – das Nutzungsentgelt ist funktional ein Zins.
2.
Mindestrückfluss = Tilgung – spätestens beim Gesamtverkauf werden mindestens 117 % zurückgezahlt.
3.
Eigentümer tragen alle Risiken – Werterhalt, Instandhaltung, Zinssteigerungen.
4.
Damit ähnelt der Teilverkauf „in jeder ökonomisch relevanten Dimension einem Immobiliar‑Verbraucherdarlehen“
Bevor wir uns die Details in einer übersichtlichen Tabelle ansehen, hier die Kernaussage des Gutachtens in einem Satz:
„Der Teilverkauf verhält sich wie ein überteuerter Kredit, den allein der Eigentümer abbezahlt – nur ohne die Schutzmechanismen, die bei Bankdarlehen vorgeschrieben sind.“
Artz und Gsell belegen, dass Auszahlung, laufendes Nutzungsentgelt und Mindestrückfluss dieselben Funktionen wie Kapital, Zins und Tilgung erfüllen.
Damit greifen sämtliche Verbraucherschutzvorgaben des Darlehensrechts: Pflichtangaben, Widerrufsrecht, Kreditwürdigkeitsprüfung – und genau hier liegen für betroffene Senioren neue Hebel, um unfaire Verträge anzugreifen.
Gutachten‑Befund | Einfache Erklärung | Folge für Eigentümer |
---|---|---|
Auszahlung = Kredit | Sie bekommen Geld heute, zahlen dafür Zinsen (Nutzungsentgelt). | Pflichtangaben, Widerrufsrechte wie bei jedem Bankdarlehen. |
Mindestrückfluss = Tilgung | Mindestens 117 % müssen zurück gezahlt werden– egal, was die Immobilie wert ist. | Realer Gesamtzins oft zweistellig. |
Risiko 100 % bei Verkäufer | Instandhaltung, Wertschwankung, Zinsanstieg tragen Sie allein. | Vertrag angreifbar wegen einseitiger Lasten. |
Darstellung als „Teilverkauf“ irreführend | Verkauf wird nur suggeriert, tatsächlich Kredit ohne Tilgung. | tatsächlich Kredit ohne Tilgung. Werbung kann abgemahnt werden. |
Schon seit 2013 habe ich in Vorträgen und Artikeln vor genau diesen Fallstricken gewarnt – lange bevor BaFin, Finanztest oder Verbraucherzentralen nachzogen.
In einfachen Worten….
Beim Teilverkauf fließt eine Kapitalauszahlung an den Eigentümer; im Gegenzug zahlt dieser über Jahre ein laufendes Nutzungsentgelt (zinsähnlich), trägt wesentliche Instandhaltungs- und Wertentwicklungsrisiken allein und schuldet dem Teilkäufer beim späteren Gesamtverkauf oder Rückkauf häufig ein „plus X“ / Mindesterlös.
Damit entsteht wirtschaftlich eine Belastung, die eher einem Kredit gleicht als einem klassischen Immobilienverkauf.
„In rechtlicher Hinsicht ist der Immobilien‑Teilverkauf als Verbraucherdarlehen zu beurteilen. Es handelt sich um ein Umgehungsgeschäft, indem versucht wird, die Anforderungen an Verbraucherkreditlinienvorgaben und das Bankenrecht zu umgehen.“
Prof. Dr. Steffen Sebastian (Universität Regensburg)
Und genau damit trifft Professor Sebastian den Kern des Problems:
Fehlende Tragfähigkeitsprüfung – das eigentliche Pulverfass
Teilverkaufsanbieter und ihre Vermittler prüfen in der Regel nicht, ob der Eigentümer das heutige Nutzungsentgelt – geschweige denn eine künftige Anpassung – überhaupt und dauerhaft bezahlen kann. Niemand fragt: Reicht Ihre Rente auch noch, wenn der Euribor um drei Prozentpunkte steigt?
Makler‑O‑Ton:
„Die Leibrente wäre besser, aber Kunden fragen nach Teilverkauf … ich gebe nur, was sie wollen.“
Die Praxis zeigt: Die Auszahlungssumme dient oft nur dazu, das eigene Nutzungsentgelt zu finanzieren.
Ist das Geld aufgebraucht und/oder das Entgelt gestiegen, können viele Senioren die monatliche Belastung nicht mehr tragen. Die Folge ist fast immer dieselbe: Verkauf der gesamten Immobilie und Auszug – genau das, was der Teilverkauf angeblich verhindern sollte. (siehe Fallbeispiel Kurt Müller in Teil 1)
Verrentungssachverständiger Ralf Schwarzhof, Ökonom Prof. Sebastian u.A. stuften den Teilverkauf von Beginn an als Darlehen und das Nutzungsentgelt als Zins ein; Prof. Dr. Julius Reiter* verharmloste es – und sitzt im Beirat des Anbieters Engel & Völkers Liquid Home.
„Wie ist es ethisch und grundsätzlich einzuordnen, dass ein führender Teilverkauf‑Fürsprecher ausgerechnet im Beirat eines Teilkaufunternehmens sitzt?“
Ralf Schwarzhof | Verrentungssachverständiger
Dieses Gutachten ist – soweit ersichtlich – die erste juristische Einordnung des Teilverkaufs als Darlehens- bzw. Umgehungsgeschäft. Da aber eine ökonomische und eine juristische Sicherweise nicht zwangsläufig deckungsgleich ausfallen muss, ist diese juristische Einordnung so wichtig. Die bisherige ökonomische Einordnung, z.B. durch Prof. Dr. Steffen Sebastian, wurde von juristischer Seite, z.B. Prof. Julius Reiter*, aus juristischer Sicht abgelehnt. Deshalb stellt die Einordnung durch Prof. Dr. Artz und Prof. Dr. Beate Gsell in der „Neuen Juristischen Wochenzeitschrift“ eine sehr viel schwergewichtigere Beurteilung dar, so dass diese m.E. nicht so ohne Weiteres „weggewischt“ werden kann, wie das bisher geschehen ist.
Alexander Krolzik | Verbraucherzentrale Bundesverband
Wenn Teilverkauf rechtlich ein Darlehen ist, würden Teilverkaufsanbieter automatisch als Kreditgeber auftreten.
Und genau dann wäre die „Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht“ (BaFin) zuständig, die bisher einer klaren Stellungnahme ausgewichen ist.
Das wird sich nun ändern müssen:
Die BaFin müsste zwei für sie sehr unbequeme Schritte gehen:
1.
Rückwirkende Selbstkorrektur – Eingeständnis, dass die Behörde das Produkt jahrelang falsch eingeordnet und damit Tausende Verbraucherverträge ohne Aufsicht laufen ließ.
2.
Prospekt‑ und Erlaubnispflichten erzwingen – sobald Teilverkauf als Darlehen gilt, benötigen Anbieter eine KWG‑Lizenz, Eigenkapitalnachweise und laufende Prüfberichte; Neugeschäft wäre faktisch gestoppt, Altverträge müssten nachreguliert oder zurückabgewickelt werden.
Damit steckt die BaFin in einem klassischen Dilemma:
Kurzum: Die Zeit der Ausreden endet – jede Entscheidung wird für die Aufsicht politisch und finanziell teuer, aber das Wegsehen wird täglich teurer für die Betroffenen.
Bevor wir die Auswirkungen Punkt für Punkt durchgehen, hier wieder das Wichtigste in einem Satz:
„Die juristische Neubewertung macht den Teilverkauf zur Schicksalsfrage für alle Beteiligten – Verbraucher erhalten neue Hebel, Notare und Vermittler neue Haftungsrisiken, Anbieter ein existenzielles Geschäftsmodellrisiko.“
Was bislang als lukrative „Win‑win‑Idee“ beworben wurde, steht damit in Wahrheit vor einer regulatorischen und finanziellen Zerreißprobe, deren Kosten und Chancen wir nun für jede Gruppe aufschlüsseln.
Gruppe | Konsequenz | Risiko / Chance |
---|---|---|
Verbraucher | Widerruf / Neuabrechnung | Rückforderung fünfstellig möglich |
Notare | Aufklärungspflicht „Darlehen“ | Haftung bei Unterlassen |
Vermittler | Beratungshaftung, moralisches Dilemma | evtl. Berufshaftpflichtfälle |
Anbieter | Geschäftsmodell kippt, Refinanzierung schwierig | Insolvenzen möglich |
Was folgt daraus für den Verbraucherschutz?
Wenn ein Teilverkaufsvertrag als (oder wie) Immobiliar-Verbraucherdarlehen zu behandeln ist, ergeben sich gewichtige Konsequenzen: vorvertragliche Informations- und Kostentransparenz (Effektivzinsvergleich), standardisierte Risikoaufklärung, Kredit-würdigkeitsprüfung, Widerrufsrechte nach Verbraucherdarlehensrecht sowie strengere Dokumentationspflichten der Anbieter.
Fehlende oder fehlerhafte Pflichtangaben können Rückabwicklungs- oder Neuabrechnungsansprüche eröffnen – ein strategischer Hebel für betroffene Eigentümer.
Auch Fachanwälte und Verbraucherschützer empfehlen deshalb, bestehende Teilverkaufsverträge rechtlich auf Darlehensmerkmale prüfen zu lassen, bevor steigende Nutzungsentgelte zur Überlast führen.
Schon lange teurer als ein Kredit?
Frage (anklicken um Antwort anzuzeigen):
Der Überschuldungspunkt beschreibt den Moment, an dem die Summe aus Nutzungsentgelten und Rückzahlungsforderungen (Mindestrückfluss) die ursprüngliche Auszahlungssumme übersteigt – mit anderen Worten:
Sie zahlen mehr zurück, als Sie jemals erhalten haben.
Frühwarnung 2018 – ignoriert
Nicht erst das Gutachten: Schon 2018 habe ich – als erster Verrentungsexperte – öffentlich vor den versteckten Risiken des Teilverkaufs gewarnt und dieses Thema seither in zahlreichen Fachartikeln, Vorträgen und Schulungen immer wieder aufgegriffen. Alle meine Prognosen und Befürchtungen von damals sind eingetroffen und heute bittere Realität für Senioren.
Erst Jahre später folgten dann Stiftung Warentest / Finanztest, die Verbraucherzentralen und schließlich sogar die BaFin endlich mit ähnlichen Warnungen:
Wohn‑ oder Nießbrauchrechte müssen unbedingt erstrangig im Grundbuch stehen. Werden sie nur nachrangig eingetragen, kann das Vollstreckungsgericht sie bei einer Insolvenz oder Zwangsversteigerung des Teilkäufers kommentarlos löschen – das Ergebnis: Verlust von Haus und Wohnrecht.
Darauf weise ich in Schulungen, Webinaren, Vorträgen und besonders in unserem Bootcamp Immobilien‑Verrentung seit Jahren gebetsmühlenartig hin:
Merksatz: „Ist das Wohnrecht nicht an erster Stelle im Grundbuch eingetragen, gehört Ihnen im Ernstfall gar nichts mehr.“
Wer mehr Details möchte, findet sie in meinem Fachbeitrag „Wie sicher ist eine Immobilienverrentung?“ (immpuls.de).
Bereits 2017 – im Interview mit Werner Berghaus – habe ich genau diese Gefahr erläutert. Damals gab es noch keinen Teilverkauf, doch die Regel gilt unverändert: Sicherung vor Rendite, sonst riskieren Sie alles.
Darauf weise ich in Schulungen, Webinaren, Vorträgen und besonders in unserem Bootcamp Immobilien‑Verrentung seit Jahren gebetsmühlenartig hin:
Frage (anklicken um Antwort anzuzeigen):
Noch kein BGH‑Urteil, aber schwergewichtiges Gutachten + erste LG‑Urteile. Die Tendenz ist eindeutig pro Verbraucher.
Ja, wenn Pflichtangaben fehlen. Die Widerrufsfrist läuft dann nie an.
Nächster Schritt – Teil 3: Klage, Urteile 2025 & Rückabwicklung
Das Gutachten ist veröffentlicht, die BaFin gerät unter Druck – und die ersten Landgerichte urteilen bereits im Sinne der Verbraucher. Was bedeutet das ganz konkret für bestehende Verträge?
In Teil 3 zeige ich Ihnen:
Spoiler: In einem aktuellen Fall musste ein Anbieter über 30.000 € Nutzungsentgelt zurückerstatten – und das war erst die erste Instanz.
Neugierig, ob Ihr Vertrag genauso angreifbar ist?
Lesen Sie weiter in Teil 3 → Klage & Urteile 2025: Rückabwicklung Schritt für Schritt.
Über den Autor
„Als zertifizierter Verrentungs‑Sachverständiger helfe ich Eigentümern seit über 26 Jahren – bundesweit und unabhängig über die Leibrenten‑Boerse – ihr Immobilienvermögen in eine sichere Zusatzrente umzuwandeln – ohne auszuziehen und stets mit maximaler Vertragssicherheit, transparenten Konditionen und nachvollziehbaren Zahlen.“
Nächster Schritt – Teil 3: Klage, Urteile 2025 & Rückabwicklung
Das Gutachten ist veröffentlicht, die BaFin gerät unter Druck – und die ersten Landgerichte urteilen bereits im Sinne der Verbraucher. Was bedeutet das ganz konkret für bestehende Verträge?
In Teil 3 zeige ich Ihnen:
Spoiler: In einem aktuellen Fall musste ein Anbieter über 30.000 € Nutzungsentgelt zurückerstatten – und das war erst die erste Instanz.
Neugierig, ob Ihr Vertrag genauso angreifbar ist?
Teil 3 – Teilverkauf Klage – Rückabwicklung Schritt für Schritt
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